Zusammenfassung der Projektergebnisse

 

Im Rahmen des STEPS-Projekts wurden eine sozio-technische Gestaltungs- und Einführungssystematik für Industrie 4.0-Lösungen entwickelt sowie Anwendungsszenarien bei drei mittelständischen Unternehmen erfolgreich umgesetzt.

Aus den Projekterfahrungen sowie einer Interviewstudie zu Beginn des Projekts heraus wurde eine Unternehmenstypologie abstrahiert, die Unternehmen die eigene Einordnung in definierte Unternehmenstypen ermöglicht. Den Unternehmenstypen sind wiederum detaillierte Fallbeschreibungen hinterlegt, die spezifische Erfolgsfaktoren und Hemmnisse basierend auf den Projekterkenntnissen aus den betrachteten Industrie 4.0-Anwendungsszenarien beschreiben. Somit können Unternehmen, basierend auf ihren Eigenschaften, von praxisnahen Ergebnissen des Projekts profitieren. Darauf aufbauend wurden drei Module zur zielgerichteten Auswahl und Umsetzung von Industrie 4.0-Lösungen erarbeitet.

Das erste Modul der Systematik beinhaltet die zielgerichtete Auswahl von Industrie 4.0-Lösungen. Hierzu ist es erforderlich, zunächst die Ziele sowie die Ist-Situation des Unternehmens detailliert zu analysieren. Als Herausforderung hat sich gezeigt, dass insbesondere bei KMU mitunter ein hoher Initialaufwand erforderlich ist, Ziel-Zustände abzuleiten und systematische Problemlösungsprozesse zu initiieren. In diesem Kontext haben sich als Erfolgsfaktoren herausgestellt, dass ein hoher Organisationsgrad sowie bereits umgesetzte Lean-Initiativen hilfreich sind, um Ziele zu quantifizieren, Probleme auf dem Shopfloor zu identifizieren und Nutzen von Industrie 4.0-Lösungen hervorzuheben. Als Empfehlung zur methodischen Unterstützung zur Zielentfaltung und Erarbeitung eines Kennzahlensystems kann die Balanced Scorecard verwendet werden, jedoch können auch weitere Methoden zur Definition von Zielzuständen die Basis für die Auswahl geeigneter Industrie 4.0-Lösungen bieten. Im Rahmen des STEPS-Projekts wurde eine Auswahlhilfe für Industrie 4.0-Lösungen entwickelt, die unter der Adresse www.i4.0-katalog.de online aufrufbar ist. Zur weiteren Lösungsfindung können interne Workshops unter Einbindung der Mitarbeiter gehalten sowie Kontakte zu Systementwicklern, -integratoren oder Forschungsinstituten gesucht werden.

Wurden potenzielle Industrie 4.0-Lösungen gefunden, die ein Problem auf dem Hallenboden adressieren, folgt im zweiten Modul die sozio-technische Fähigkeitsbewertung. In einem interdisziplinären Workshop unter Einbindung aller relevanten Bereiche werden insbesondere die Schnittstellen im sozio-technischen System (Mensch-Organisation, Technik-Organisation, Mensch-Technik) anhand definierter Kriterien analysiert. Anhand der Fähigkeitsbewertung können erforderliche sowie vorhandene Fähigkeiten zur erfolgreichen Einführung der Lösungen analysiert und gegenübergestellt werden. Sie bietet somit eine einheitliche Grundlage zur Analyse von Abweichungen und Ableitung von Maßnahmen. In einem Transferprojekt wurde die Fähigkeitsbewertung durch die IG Metall, RIF und FIA in den „Kompass Digitalisierung“ überführt und um eine arbeitsorientierte Folgenabschätzung erweitert. Im Anschluss an die Analyse von Abweichungen und erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung der Soll-Zustände in den Bewertungskriterien erfolgt eine Aufwand-Nutzen-Abschätzung zur Entscheidungsfindung, welche Industrie 4.0-Lösung eingeführt wird. Zum Einsatz kommen können zudem Methoden der klassischen Investitionsrechnung. Der Vergleich von Nutzenpotenzial und Umsetzungsaufwand kann zum Abbruch des Einführungsprozesses oder Auswahl einer anderen Lösung führen. So wurde bspw. im Rahmen des Projektes ein Anwendungsszenario nicht weiter verfolgt. Die Fähigkeitsbewertung hat sich darüber hinaus als methodische Unterstützung bei der Identifikation weiterer Handlungsmaßnahmen im Kontext des sozio-technischen Systems bewährt.

Im dritten Modul erfolgt die Befähigung und Umsetzung. Hierzu sind neben dem technischen Umsetzungsprozess insbesondere die Mitarbeitereinbindung Kompetenzentwicklung sowie Verstetigung und Nachhaltigkeit im Fokus. Aus dem STEPS-Projekt war für die Anwendungsfälle ähnlich zum öffentlichen Industrie 4.0-Diskurs eine Polarisierung erkennbar: Häufig sinken die Kompetenzanforderungen auf dem Hallenboden, gleichermaßen steigen sie in anderen Bereichen, bspw. in der Planung und Entwicklung. Als Erfolgsfaktor für die Einführungsprozesse haben sich frühzeitige Informationsveranstaltungen zum Gesamtvorgehen herausgestellt. Zudem schuf der Einbezug in die Gestaltung der einzelnen Lösungen Akzeptanz bei den Mitarbeitern. Zur Verstetigung der Ergebnisse ist „Industrie 4.0“ organisatorisch durch eine formulierte Strategie und Zuordnung von Verantwortlichkeiten in den Unternehmen zu festigen. Eine detailliertere Untersuchung von Erfolgsfaktoren der Verstetigung und Nachhaltigkeit empirischer Einführungsprozesse erfolgte im Rahmen der Arbeitsgruppe „Industrie 4.0 – Mitarbeiter einbinden“. Das gemeinsame Ergebnis der Arbeitsgruppe ist in Form einer Broschüre auf der Projekthomepage zugänglich.

Parallel zu Entwicklung der Gestaltungs- und Einführungssystematik wurden Demonstratoren zur intelligenten Produktion mit smarten FTS, Big Data Analytics in der Auftragsabwicklung sowie smarte Logistik durch Staplerleit- und Werkerassistenzsystem entwickelt und validiert (vgl. Kapitel 4 - Use-Cases).

Zusammenfassend konnten folgende Erkenntnisse erlangt werden: Es besteht kein „One Best Way“ zur Digitalisierung. Jedes Unternehmen verfolgt unterschiedliche Ziele und startet von unterschiedlichen Ausgangssituationen. Die Unternehmenstypologie sowie das Modul zur Ableitung von Zielzuständen helfen, den Prozess der Digitalisierung „mit Augenmaß“ zu moderieren. Darüber hinaus ist die Gestaltung und Einführung von Industrie 4.0-Lösungen nicht aus technologie-getriebener Perspektive zu betrachten, sondern als sozio-technisches System. Die frühzeitige Einbindung von Mitarbeitern hilft, die Akzeptanz zu steigern, Hemmnisse präventiv abzubauen und gute Ideen der Prozessexperten bestmöglich zu integrieren. Die Erfahrungen aus den Einführungsprozessen wurden in der Broschüre „Industrie 4.0 – Mitarbeiter einbinden“ sowie noch ausführlicher in dem aus dem STEPS-Projekt entstandenen Buch „Industrie 4.0 für die Praxis“ (Prof. Wagner) zusammengefasst. Nach der Umsetzung der Demonstratoren hat die Erfolgskontrolle durch die Messung der Zielerreichung anhand operativer Kennzahlen zusätzlich einen besonderen Stellenwert eingenommen. So konnte im Rahmen geleiteter Workshops der kurzfristige Effekt der Industrie 4.0-Demonstratoren transparent dargestellt und der Erfolg gemessen werden.

 

 

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